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3D-Finger – Ein Fingerabdruck, der unter die Haut geht

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Im Institut für Sicherheitsforschung (ISF) am Campus Sankt Augustin der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, stellt sich der wissenschaftliche Mitarbeiter Alexander Kirfel unter der Leitung von Prof. Dr. Norbert Jung der Aufgabe, das bisher sicherste Fingerabdruck-Scan Verfahren zu entwickeln: den 3D-Fingerscan. 

Was mich am 3D-Finger-Projekt am meisten begeistert, ist die anspruchsvolle digitale Signalverarbeitung der OCT-Daten, unter Verwendung adaptiver parametrischer Algorithmen und GPGPU-Beschleunigung zur Laufzeitoptimierung.

Alexander Kirfel
Wissenschaftlicher Mitarbeiter

OCT-Daten: „Optical coherence tomography“ ist die optische Kohärenztomografie. Ein bildgebendes Verfahren, um 2- und 3-dimensionale Aufnahmen aus streuenden Materialien (beispielsweise biologischem Gewebe) in Mikrometerauflösung zu erhalten.

GPGU: „General Purpose Computation on Graphics Processing Unit“ ist eine Programmierschnittstelle mit der Möglichkeit, allgemeine Berechnungen vom Grafikprozessor (GPU) auf der Grafikkarte ausführen zu lassen

Die Herausforderung

Konventionelle Fingerabdruck-Scans zeichnen nur die Hautoberfläche auf.
So etwas ist relativ leicht zu imitieren. Fingerscans, wie sie beispielsweise bei Handys verwendet werden, sind gänzlich unsicher. Hier würde eine einfache Kopie des Fingerabdrucks reichen. Daher werden in der Regel für Hochsicherheitsszenarien zusätzliche Sensoren im Scanner eingebaut, etwa wie eine Lebenderkennung durch Temperatur- oder Blutflussmessung. Damit kann totes von lebendem Gewebe unterschieden und beispielsweise ein Silikonfinger erkannt werden. Allerdings sind auch solche Systeme relativ leicht auszutricksen, wenn man weiß, wie diese intern funktionieren. Ein weiteres Problem ist, dass Fingerabdrücke nicht immer unter allen Bedingungen gut aufgezeichnet werden können. Ganz simpel, wenn man schwitzt oder die Finger nicht ganz sauber sind. Man bedenke auch Handwerker:innen, deren Fingerabdrücke besonders abgerieben sind oder Menschen mit gar beschädigten Handoberflächen, durch Arbeiten mit Chemikalien. 

Die Lösung

Dem Fingerabdruck eine dritte Dimension verleihen. 
Dazu nutzt das Team des Hochschulinstituts eine Technik, wie sie auch Augen- und Hautärzt:innen oft im Einsatz haben: die optische Kohärenztomografie, kurz OCT. Der OCT-Scanner kann etwa zwei Millimeter tief in die Haut schauen und damit auch Strukturen abbilden, die unter der äußersten Hautschicht liegen

Die Strukturen in den unteren Hautschichten folgen denen in der oberen Schicht. Es gibt also sozusagen einen äußeren und einen inneren Fingerabdruck, die sich sehr ähnlich sind.

Alexander Kirfel
Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Der eigens angefertigte OCT-Scanner des Instituts für Sicherheitsforschung

  • Die Kosten für diesen Scanner mit dem darum gebauten Container liegen bei rund 90.000 Euro. Noch handelt es sich dabei um ein Einzelstück, man kann aber davon ausgehen, dass diese Geräte erschwinglicher werden.

  • Das System im Betrieb bei Ausführung der Datenerfassungs- und Verarbeitungssoftware.

  • Das CAD Modell zeigt den inneren Aufbau des OCT-Scanner.

Jung und Kirfel ist es wichtig zu betonen, dass sie nicht die Hardware weiterentwickeln, sondern an der Software arbeiten. Um am Ende das „fertige Produkt“ zu haben, muss von anderer Seite diese Komponente weiter optimiert werden. Ein Element wurde dann aber doch angefertigt: Die Auflage für den Finger.

So etwas wie den Fingerscanner kann man nicht in Auftrag geben. Es wäre viel zu umständlich, einem Handwerker zu erklären, was genau wir denn eigentlich von ihm wollen.

Prof. Dr. Norbert Jung
Direktor Institut für Sicherheitsforschung

Die erste Fingerauflage, angefertigt mit einem FDM-Drucker. (Fused Deposition Modeling Technologie)

Inzwischen gibt es eine neue Version der Fingerauflage

Weiterentwicklung der ursprünglichen Fingerauflage mit verbesserter Ergonomie

Enthält einen Touchsensor zur Präsenzerkennung des Fingers und einen aktiven Klemmmechanismus zur Stabilisierung des Fingers für wackelfreie Aufnahmen

Angefertigt mit SLA und FDM Drucktechnik

SLA = Stereolithographieverfahren (hochgenaue, isotrope, wasserdichte Prototypen in verschiedenen fortschrittlichen Materialien mit feinen Details und einer glatten Oberfläche) 

  • 3D-Fingerabdruck Innen: Dermal-Epidermale Junktionszone
    Die aus den Volumendaten segmentierte 3D-Oberfläche des inneren/dermalen Fingerabdrucks.

  • 3D-Fingerabdruck Außen: Hautoberfläche (Luft-Haut Übergang)
    Die aus den Volumendaten segmentierte 3D-Oberfläche des äußeren/epidermalen Fingerabdrucks.  

  • Scan Rohmaterial
    Unverarbeitetes Tiefenschnittbild orthogonal zur Längsrichtung des Fingers.

  • Scan mit Fingerabdrücken
    Blau: Der äußere (epidermale) Fingerabdruck
    Rot: Der innere (dermale) Fingerabdruck

Um eine biometrische Methode fälschungssicher zu machen, muss man sie natürlich an möglichst vielen unterschiedlichen Fälschungen testen.

Prof. Dr. Norbert Jung
Direktor Institut für Sicherheitsforschung

Die Toolbox, welche für diverse Sicherheitstests angelegt wurde, ist eine Art „Fälscherkoffer“ mit diversen Anwendungen als Täuschungsversuche. Damit können verschiedenste Überwindungsmethoden für Fingerabdrücke getestet werden. Dass Silikonschichten sofort als „dritter Abdruck“ auffallen, sei aber schon sicher, so Jung.

Die größte Fälschungssicherheit bringt schließlich nichts, wenn Hacker die gespeicherten Abdrücke stehlen und diese Daten missbrauchen.

Prof. Dr. Norbert Jung
Direktor Institut für Sicherheitsforschung

Vorteile eines 3D-Scanners

  • Arbeitet mit schwebendem Verfahren, die Fingerkuppe wird aus einer Entfernung von einigen Millimetern berührungslos gescannt
  • Größerer Merkmalsraum kann erfasst werden
  • Abdruck ist deutlicher
  • Fälschungen sind leichter zu erkennen als beim Auflegen

Nachteile des 3D-Scans

  • Software muss Unterschiede zwischen 3D- und 2D- Abdruck sowie räumlichen Faktor ausrechnen, um alte und neue Abdrücke vergleichen zu können

Zielsetzung des Projektes

Das Projektziel ist ein funktionsfähiger Prototyp, der die hohen Anforderungen der künftigen Abnehmer erfüllt. Die Fragen welche Strukturen es gibt, welche Strukturen sichtbar gemacht und genutzt werden können, um fälschungssichere Fingerabdrücke zu erzeugen, sollen geklärt sein. Um sich dann fragen zu können: wie fälschungssicher ist das eigentlich?

Zielsetzung in der Praxis

Ein schneller 3D-Fingerabdruckscanner könnte zum Beispiel in vollautomatischen Kiosk-Systemen an Flughäfen eingesetzt werden oder für Grenzkontrollen und Einwohnermeldeämter bereitstehen, um große Zahlen Einreisender in kurzer Zeit abzufertigen. Dafür muss der Scanner aber zugleich schnell und kostengünstig genug sein, um mit den bestehenden Systemen konkurrieren zu können. Um am Ende das „fertige Produkt“ zu haben, muss von anderer Seite die Hardware weiter optimiert werden.

Jung und Kirfel sehen ihr Projekt in der Forschungs- und Vorausentwicklung. Bis daraus ein Produkt der gängigen Praxis wird, stecken Hersteller letztendlich ein Vielfaches an Aufwand hinein, um diese Geräte preislich und von der Funktionalität und der Baugröße in den Bereich des Möglichen zu bringen.

Kontakt

Ihre Projektansprechpartner

Prof. Dr.-Ing. Norbert Jung
Forschungsprofessur für Angewandte Informatik
Gründungsdirektor des Instituts für Sicherheitsforschung (ISF)
Projektleiter Forschungsprojekt 3D-Finger

 „Die Auszeichnung des BMBF ist ein schmückendes Begleitwerk, insbesondere für die die es gemacht haben. Eine gewisse Anerkennung ist immer nett, aber darauf darf man sich natürlich nichts drauf einbilden.“

Zum Kontakt

 

Alexander Kirfel
Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Bachelor & Master in Informatik, Embedded Systems
Masterthesis: Untersuchung eines MEMS-basierten Ultraschall-Sensorsystems zur Erhöhung der Sicherheit beim Kollaborationsbetrieb von Industrierobotern

 „In der Forschung wird man niemals fertig. Man muss irgendwann zu dem Punkt kommen, an dem man sich sagt, jetzt ist es gut, jetzt muss ich mich etwas anderem widmen.“

Zum Kontakt

 

Projekt des Monats des Bundesministeriums für Bildung und Forschung

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Forschungsprojekt "3D-Finger" im April 2021 zum Projekt des Monats gewählt: www.h-brs.de/de/news/ein-fingerabdruck-der-unter-die-haut-geht

 

Kooperationspartner und Förderer

Wir danken allen Kooperationspartnern und Förderern, die eine innovative Zusammenarbeit im Rahmen dieses Projektes ermöglicht haben.

Zur Projektbeschreibung mit den Partnern und Geldgebern

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Ihre Ansprechpartner:innen

  • Das Bild zeigt Frau Baumgartner.

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    Sabine Baumgartner

    Forschungsbereich Soziales und Gesundheit / Deutschlandstipendium

    sabine.baumgartner@h-brs.de
    +49 2241 865 - 791

    Innovations- und Netzwerkmanagement

  • Frau

    Birgit Jendrock

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    birgit.jendrock@h-brs.de
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    Innovations- und Netzwerkmanagement

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    Frau

    Sarah-Lorraine Kriebisch

    Forschungsbereich Kommunikation und Medien / H-BRS-InnoCom / Innovation Mall

    sarah-lorraine.kriebisch@h-brs.de
    +49 2241 865 - 9820

    Innovations- und Netzwerkmanagement

  • Das Bild zeigt Frau Lopes da Silva.

    Frau

    Alexandra Lopes da Silva

    Forschungsbereich Sicherheitsforschung / Jobportal / Unternehmen am Campus

    alexandra.lopes@h-brs.de
    +49 2241 865 - 677

    Innovations- und Netzwerkmanagement

     

  • Frau

    Stephanie Lorek

    Forschungsbereich Klima und Umwelt / Forschungsbereich Ressourcenoptimierte Produkte und Prozesse

    stephanie.lorek@h-brs.de
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    Karolin Nassrollahi

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    karolin.nassrollahi@h-brs.de
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  • Das Bild zeigt Herr Fabian Tenk.

    Herr

    Fabian Tenk

    Forschungsbereich Energiesysteme und Mobilität / Forschungsbereich Ressourcenoptimierte Produkte und Prozesse

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    Fidegon Witte

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    fidegnon.witte@h-brs.de
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