Forensische Analytik
Ein wesentliches Ziel der forensischen Genetik ist die Identifizierung von an Straftaten beteiligten Menschen anhand ihrer Erbinformation, die in der DNA der Chromosomen enthalten ist. Weil jede Körperzelle die gleiche Erbinformation enthält, kann anhand der meisten von Menschen hinterlassenen Spuren, wie zum Beispiel Blut, Speicheltröpfchen, Hautschuppen oder Haare, ein DNA-Profil erstellt werden, dass mit dem DNA-Profil des Spurenurhebers identisch ist. Die modernen, hochempfindlichen Analyseverfahren basieren auf dem sogenannten PCR-Verfahren und benötigen hierzu lediglich die DNA-Menge von rund 15 Zellen – viel weniger als etwa in einem kleinen Bluts- oder Speicheltröpfchen enthalten ist.
Ein forensisches DNA-Profil enthält Informationen über 16 verschiedene Stellen auf den Chromosomen, an denen man zwischen verschiedenen Individuen mit hoher Wahrscheinlichkeit Unterschiede findet, die die Länge der untersuchten DNA-Abschnitte betreffen (siehe Abbildung). DNA-Profile, die mit Verbrechen in Zusammenhang stehen, werden in der DNA-Analyse-Datei (DAD) des Bundeskriminalamts gespeichert. Eine Identifizierung einer DNA-Spur ist somit entweder durch Vergleich mit DNA von Verdächtigen oder mittels Durchforsten der DAD möglich. Aufgrund ihrer enormen Empfindlichkeit und ihrer standardisierten Auswertungsmethodik ist die DNA-Analytik zu einem der mächtigsten Instrumente zur Verbrechensaufklärung geworden.
Am Institut für Sicherheitsforschung (ISF) werden Verfahren entwickelt, die die Empfindlichkeit und Aussagekraft der DNA-Analytik weiter steigern: beispielsweise Methoden zur erfolgreichen DNA-Analytik geringster DNA-Mengen – einzelner Spermienzellen, einzelner Hautschüppchen, einzelner Haare. Außerdem werden moderne Hochdurchsatzsequenzierungsverfahren (NGS-Verfahren) angewandt, um die Länge der Varianten an den 16 untersuchten Stellen anhand ihrer DNA-Sequenz zu bestimmen. Dies ist möglich, weil die Sequenzinformation sowohl die Abfolge der DNA-Bausteine als auch deren Anzahl, und somit die Länge der jeweiligen Stelle enthält. Das NGS-Verfahren ist besser als die herkömmliche Analytik für bereits geschädigte DNA geeignet und kann zudem feine Sequenzunterschiede feststellen, die der rein längenbasierten Analytik entgehen.
Abbildung 1: Die ungefähre Lage der in der forensischen DNA-Analytik untersuchten 16 Stellen auf den menschlichen Chromosomen. Die 23 Chromosomenpaare sind ihrer Größe nach sortiert und nummeriert (1 – 22); auf den Geschlechtschromosomen (X und Y) werden noch die Marker AMELX und AMELY zur Geschlechtsbestimmung analysiert. Die Stelle D1S1656 ist vergrößert dargestellt (orange-farbige Rechtecke). Auf den beiden Chromosomen liegen Varianten mit unterschiedlicher Länge vor, was in der DNA-Analytik als zwei Peaks (der Länge 9 beziehungsweies 12) erkennbar wird. Weil es in der Bevölkerung an der Stelle D1S1656 achtzehn verschiedenlange Varianten gibt und jeder Mensch zwei davon hat, sind 171 Kombinationen möglich, die auf diese Weise unterschieden werden können. Ähnlich vielfältig sind die Kombinationsmöglichkeiten der übrigen Stellen, und insgesamt ergibt sich hieraus eine ungeheure Zahl unterschiedlicher Kombinationen, so dass das DNA-Profil jedes Menschen einzigartig ist.
Forschungsschwerpunkte
Forensische DNA-Analytik, insbesondere low copy number DNA
Analyse forensischer DNA-Marker mittels NGS (Hochdurchsatzsequenzierungsverfahren)
Beispielprojekte aus Forensische Analytik
Zeitraum: 01.01.2016 bis 31.12.2019
FuForGen - Funktionale und forensische Genomik mittels Next Generation Sequencing
Zeitraum: 01.12.2014 bis 30.11.2017
ForWArd - Forensische Analyse singulärer Genome mittels WGA (Ganzgenomamplifikation)